Fahrlehrer unterrichtet vor Fahrschülern
26.05.2023

Der Baustein für eine professionelle Fahrausbildung und mehr Verkehrssicherheit


Präsenzunterricht

Mit dem Inkrafttreten der 15. Änderungsverordnung darf digitaler Theorieunterricht nicht länger absolviert werden, sobald der Präsenzunterricht keinerlei Einschränkungen mehr unterworfen ist.

Ja zum Präsenzunterricht

Die Entscheidung, dass digitaler Theorieunterricht nicht länger absolviert werden darf, wenn Präsenzunterricht ohne Einschränkungen vollzogen werden kann, stärkt die Bedeutung des Präsenzunterrichts an deutschen Fahrschulen und damit die professionelle Fahrausbildung.

Die Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände e.V. (BVF), die Deutsche Fahrlehrer-Akademie e.V. (DFA) und MOVING International Road Safety Association e.V. (MOVING) hatten sich schon vor dem Beschluss des Bundesrates mit guten Argumenten klar gegen eine Ausweitung des Distanzunterrichts in Fahrschulen positioniert. 

Aus gutem Grund, denn ...

  • Die Abschaffung des Präsenzunterrichtes schadet der Qualität der Fahrausbildung sowie der Verkehrssicherheit.
  • Die Fahrschüler:innen sind während des Distanzunterrichts häufig abgelenkt und bringen sich kaum in Diskussionen um die Verkehrssicherheit ein. Diese Passivität führt zu massiven Lerndefiziten
  • Digitaler Distanzunterricht führt zu einer Verteuerung des Führerscheins: Die Erfahrungen aus dem Lockdown zeigen, dass Fahrschüler:innen im Durchschnitt nach digitalem Distanzunterricht bis zu 5 Fahrstunden mehr nehmen mussten. Damit verteuert sich der Führerschein um ca. 10 %
  • Der Zugang zum Führerschein wird vor allem für einkommensschwächere Jugendliche erschwert und damit eine Hürde zu sogenannten Engpass-Berufen aufgebaut, wie z. B. in der Kranken- und Altenpflege, zu verschiedenen Handwerksberufen, aufgebaut. 
  • Die Aufmerksamkeit lässt im Online-Distanzunterricht deutlich schneller nach. Das belegt die Brain Sights Studie, die von Fabio Babiloni, Professor für industrielle Neurowissenschaften und Neuromarketing an der Universität Rom „La Sapienza“ durchgeführt wurde. Schüler:innen konnten sich nach 20 Min. im Distanzunterricht nicht mehr so gut konzentrieren und machten im Anschluss mehr Fehler bei der Beantwortung von Fragen über aus der Ferne gelernte Themen, so die Studie.

Die Fahrschulbranche und wir begrüßen eine sinnvolle Digitalisierung

Auch die Entschließung des Bundesrates, dass sich eine Expertenkommission mit der Erarbeitung von neuen Konzepten zur Digitalisierung der Fahrausbildung beschäftigen soll, bedeutet per se nichts Schlechtes und vor allem nicht wirklich etwas Neues für die Branche.

Fahrschulen arbeiten längst überwiegend digital, ob in der Verwaltung, bei der Schülerlernsoftware und natürlich auch dem Theorieunterricht.  Hier bedient man sich seit Jahren digitaler Lernformate, wie z. B. Voting oder Selbstlerneinheiten und unterrichtet insgesamt deutlich digitaler als z. B. in allgemeinbildenden Schulen.

Zudem dürfen bei dieser um sich greifenden „Digitalisierungswut“ die Fahrlehrer*innen nicht vergessen werden. Bevor flächendeckende Online-Unterrichtsformate eingeführt werden können, gilt es, die Fahrlehrerschaft auf breiter Front mitzunehmen und zu schulen. Es wäre doch schade, wenn sehr gute Pädagog:innen aufgrund noch nicht vorhandener „Streamingkompetenz“ keine Möglichkeit mehr haben, ihren hervorragenden, praxisbezogenen Unterricht an Schüler:innen zu bringen.

Die großen Treiber hinter dem Distanzunterricht haben ihre vermeintliche Chance erkannt, Fahrschulausbildung für sich (!) kostenneutral zu skalieren.

Dass diese Effekte spätestens bei der praktischen Ausbildung enden, und die Fahrschüler*innen am Ende sogar mehr für ihren Führerscheinerwerb bezahlen und länger dafür benötigen, wird nicht kommuniziert. Stattdessen wird die theoretische Ausbildung immer nur an der Bestehensquote der Theorieprüfung gemessen – das ist unserer Meinung nach viel zu kurz gesprungen.

Getreu dem Motto "eine gute Theorie ist die beste Vorbereitung auf die Praxis" wurde ein wissenschaftlich fundierter Ansatz zur sinnvollen Digitalisierung der Ausbildung bereits am Fahrlehrerkongress 2021 in Berlin vorgestellt und diskutiert. OFSA II implementiert Lernformen wie Präsenzunterricht, Blended-Learning oder E-Learning nicht nach Gusto, sondern nach Inhalt. So eignen sich gewisse Themen, vor allem die, wo es um Handlungswissen, Einstellungen oder Wahrnehmung geht, schlichtweg nicht für den Distanzunterricht. Hier braucht es Sie „mitten im Ring“ – Fahrlehrer*innen, die mit Expertise und Leidenschaft die Praxis in die Theorie bringen. Diese Art von Unterricht ist für alle Beteiligten spannender und bringt was! Praxisbezogenes Handlungswissen, welches im Fahrschulauto umgesetzt wird.

Unsere Leseempfehlung

  • Pressemitteilung des FLVBW
    Fahrschulbranche in Sorge: Theorieunterricht braucht Präsenzstunden!
    Expertenrat warnt vor erhöhter Unfallquote in den nächsten Jahren
  • Interview
    Professor Fabio Babiloni erläutert die Hintergründe seiner Studie
  • Podcast Verkehrsrundschau FUNK
    Gerhard Grünig, Chefredakteur der Verkehrsrundschau, im Gespräch mit Fabian Faehrmann

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